Hoffnung für die Schlagzeilen-Straße
Einer der hässlichsten Schandflecke an der Pirnaer soll verschwinden. Startschuss für mehr?
Von Jens Fritzsche
Diese Straße ist in den vergangenen Monaten beinahe so etwas wie Radebergs Berliner Flughafen-Bau gewesen. Eine negative Schlagzeile jagte die nächste. Lärm, Randalierereien, leer stehende Häuser, Ruinen, Anwohner sprachen sogar vom „Slum Radebergs“ – die Rede ist von der Pirnaer Straße. Die liegt zwar mittendrin im Radeberger Zentrum, aber in der Fußballersprache ausgedrückt, steht sie dennoch regelmäßig im Abseits. Die Stadt müsse endlich eingreifen, forderte zum Beispiel Elisabeth Weigmann regelmäßig. Sie ist eine der Anwohnerinnen im Bereich der Hausnummern 14 bis 22 und hat sich ein wenig zur Sprecherin gemausert. Immer wieder war sie in den Stadtrat gekommen, hatte in der Einwohnerfragestunde auf die in ihren Augen unhaltbaren Zustände hingewiesen.Und sie war dabei auch des Öfteren mit Radebergs OB Gerhard Lemm (SPD) durchaus heftig aneinander geraten. Elisabeth Weigmann hatte ihrem Ärger mächtig Luft gemacht, dass einige Nachbarn beinahe jede Nacht lärmen. „Außerdem wird hier in die Einfahrt der Tiefgarage uriniert, wir werden bedroht, wenn wir etwas sagen – aber vor allem ist es dieser unerträgliche Lärm“, hatte sie das Dilemma beschrieben. Die Stadt tue nichts. Der OB verwies aber darauf, dass der Stadt einfach die Hände gebunden seien, weil es sich bei den Grundstücken um Privat-Grundstücke handle. Die Anwohner hingegen pochen darauf, dass es eine Polizeiordnung der Stadt gebe und für deren Einhaltung das Ordnungsamt zuständig sei. Außerdem, so der Wunsch, müsse ein Konzept her, was die Stadt eigentlich mit der Straße vorhabe. Im Dezember hatte Lemm dann eine Art Friedensgipfel angeboten, ein Gespräch zwischen Verwaltung und Anwohnern.
Unabhängig davon naht quasi von der anderen Seite der Pirnaer Straße her die Hoffnung, dass sich die „Schlagzeilen-Straße“ doch noch zur gefragten Wohngegend entwickeln könnte. Denn nachdem bereits kurz hinterm Markt ein schmuckes neues Einfamilienhaus in einer Baulücke gewachsen ist – und nun auch noch ein Anbau erfolgt –, wird es im Technischen Ausschuss des Stadtrats am Dienstagabend einen kleinen Paukenschlag geben. Dann nämlich werden die Stadträte über den Abriss eines der schlimmsten Schandflecke der Pirnaer Straße reden. Über das Eck-Gebäude Mittelstraße/Pirnaer Straße nämlich.
Auch dieses Gebäude war ja bereits kräftig in den Schlagzeilen. Im Mai 2012 war der Giebel in den Hof des Nachbarhauses gestürzt. Verletzt wurde niemand, allerdings wurde ein Nebengebäude schwer beschädigt und ein Balkon in Mitleidenschaft gezogen. Der Eigentümer sicherte das morsche Gebäude daraufhin – und plante, hier großzügige Eigentumswohnungen einzurichten. Im Internet waren die schon zum Verkauf angeboten worden; in der Realität tat sich aber bis auf den Einbau einiger neuer Fenster nicht wirklich viel. Aus dem Wohnprojekt wurde jedenfalls nichts. Und so verkam das Gemäuer immer weiter. Nicht nur ein hässlicher, sondern vielleicht auch ein nicht ungefährlicher Anblick …
Doch nun gibt es einen neuen Eigentümer. Eine Immobiliengesellschaft aus Dresden hat das Grundstück gekauft und will das – offenbar nicht mehr zu rettende – Gebäude abreißen. Dafür soll der Technische Ausschuss grünes Licht geben. Wovon auszugehen ist. Im Anschluss soll dann ein Neubau entstehen, der in dieser durchaus interessanten Zentrums-Lage Wohnungen beherbergen wird. Über konkrete Ideen zu diesem Projekt soll dabei informiert werden, wenn die bürokratischen Hürden dafür genommen worden sind, heißt es.
Dass die Pläne aufgehen, ist nicht abwegig. Radeberg ist derzeit so etwas wie ein Magnet für Bauprojekte. Nicht weit entfernt sind zwei Ruinen an der Niederstraße auf Vordermann gebracht worden, am Markt sind gerade die Gerüste beim letzten noch unsanierten Gebäude gefallen, im unteren Bereich der Hauptraße wurde die „Verleger-Villa“ gerettet, gleich daneben werden in Kürze die Wohngebäude saniert.
Und auch am Niedergraben werden zwei Eigenheime entstehen. Die Hoffnung ist also groß, dass das Projekt nun so etwas wie der Startschuss für ein Aufblühen der Pirnaer Straße sein könnte.